Angemessene Honorare

Dies läßt sich nicht leicht beantworten,
da die Kalkulation eines Behandlungshonorars von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Über welche Qualifikation oder ggf. Weiterbildung verfügt der Behandler? Welche Behandlungszeit wird für die einzelnen Behandlungen aufgewendet? Verfügt die Praxis über eine zeitgemäße Ausstattung? Beschäftigt die Praxis Sprechstundenhilfen, die einen reibungslosen Ablauf der Behandlung ermöglichen? In welchem Umfang investiert der Behandler Zeit (und Geld) in seine Fort- und Weiterbildung?

Es steht daher jedem Therapeuten frei, mit seinen Patienten individuelle Vereinbarungen über die Höhe des Behandlungshonorars zu treffen und selbst zu entscheiden, welchen Leistungsumfang er seinen Patienten für das von ihm geforderte Honorar zukommen läßt.

Leider existieren in Deutschland keine Verzeichnisse, in welchen Physiotherapie-Praxen nach diesen und anderen objektiven Kriterien beurteilt werden. Bei den umliegenden europäischen Nachbarn sind derartige Kataloge bereits seit einigen Jahren vorhanden. Sie bieten daher für in Deutschland tätige Therapeuten zumindest einen Anhaltspunkt für das zu kalkulierende Honorar. Nach diesen Verzeichnissen ist für eine durchschnittliche orthopädische / chirurgische Behandlung eine Mindestbehandlungszeit von 25 Minuten erforderlich. Für neurologische Behandlungen ist ein höherer Zeitaufwand zu veranschlagen. Darüber hinaus sind ca. 10 Minuten pro Behandlung für Nebentätigkeiten, Befunderhebung, Dokumentation, Telefonate mit Ärzten, Abrechnung der Leistung und ein prozentualer Anteil für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu kalkulieren. Natürlich können diese ausländischen Verzeichnisse für Deutschland keine rechtsbindende Wirkung haben. Sie sind daher allenfalls als Grundvergleichsmöglichkeit geeignet.

Wie kann ein Therapeut sein Honorar dann berechnen?
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung - getrennt nach Primärkassen (RVO) und Ersatzkassen (VdAK) - und den Unfallversicherungsträgern existieren durchweg einheitliche Behandlungsbeschreibungen und einheitliche Tarifverträge. Da diese für die Mehrheit der von uns durchgeführten Behandlungen rechtsbindende Wirkung haben, können sie zumindest als weitere Vergleichsmöglichkeit neben den ausländischen Verzeichnissen herangezogen werden.

Für Privatpatienten existiert das Verzeichnis der beihilfefähigen Höchstbeträge, die jedoch lediglich hinsichtlich des jeweiligen Erstattungsverhältnisses zwischen dem Beihilfeberechtigten und dessen Dienstherr von Bedeutung sind. Zieht man in Betracht, dass die Beihilfe-Sätze, nachdem sie über neun Jahre auf dem Stand von 1992 eingefroren waren, nicht einmal an die laufende Inflation angepaßt wurden, wird offenkundig, welchen Stellenwert diese bei der Ermittlung eines angemessenen Honorars wohl haben können. 

Die Gebührenordnung für Ärzte scheidet als Vergleichsgrundlage aus, weil sie als amtliche Gebührenordnung ausschließlich für die Berufsgruppe der Ärzte Gültigkeit hat.

Zum Schluß gibt es noch Vergleichsmöglichkeiten mit den üblichen Honoraren anderer medizinischer Berufsgruppen, sofern sie über vergleichbare fachliche Qualifikation, vergleichbare berufliche Stellung im Gesundheitswesen, vergleichbare Aufgaben und vergleichbare Praxiskosten verfügen. Speziell kann hier an die Berufsgruppen der Ergotherapeuten und Logopäden gedacht werden. 

Welches Honorar ist nun tatsächlich angemessen?
Da für den Bereich der privatversicherten Patienten keine einheitlichen Tarifverträge existieren, hat sich auch in der Physiotherapie bislang die Verfahrensweise der Ärzte bewährt, aktive therapeutische Maßnahmen generell mit dem 2,3-fachen, technische Zusatzleistungen mit dem 1,8-fachen VdAK-Satz zu berechnen. Diese Vorgehensweise wurde von mehreren Gerichten in der ersten und zweiten Instanz bestätigt. Sie steht jedoch zunehmend in der Kritik der Versicherungsgesellschaften, weil damit nach deren Auffassung zu hohe Honorare entstehen würden. Inzwischen wird sie daher von Physiotherapeuten - so auch von uns - als oberste Grenze ihres Honorars angesehen.

Eine andere Verfahrensweise besteht darin, dass man die Leistungsbeschreibungen der Mehrzahl der Patienten, der Kassenpatienten, für die Honorarberechnung zu Grunde legt. Hier findet man auch ausdrücklich festgelegte Behandlungszeiten. Feste Behandlungszeiten findet man gleichfalls in den Verzeichnissen der beihilfefähigen Höchstbeträge. Da ein Großteil der Privatpatienten beihilfeberechtigt ist, scheinen sich diese Verzeichnisse ebenfalls als Grundlage anzubieten. Hier fangen aber auch die ersten Schwierigkeiten an. Die festgelegten Behandlungszeiten weichen sehr stark voneinander ab, so dass es zunächst erforderlich ist, aus allen Verzeichnissen einen Minutenpreis (das Verfahren der Minutenpreise ist in Verhandlungen um die Kassensätze üblich) zu errechnen. Diese möchten wir beispielhaft für die Basis-Position “Krankengymnastik” erläutern.

Versichertengruppe Tarif (EUR) Behandlungszeit Minutenpreis
VdAK-Vertrag (BaWü) 14,10 15 Minuten EUR 0,94
BG-Vertrag 14,54 20 Minuten EUR 0,727
Beihilfe (Bund) 19,50 30 Minuten* EUR 0,650
Vergl. Beihilfe Ergotherapie 31,70 30 Minuten EUR 1,057
Vergl. Beihilfe Logopädie 31,70 30 Minuten EUR 1,057

* Anders als in der ursprünglichen Fassung, wird in den aktuellen Beihilfe-Preislisten nicht mehr ausdrücklich auf die 30minütige Behandlungszeit verwiesen.

Die Beihilfe-Sätze liegen bei objektiver Betrachtung also sogar noch unterhalb aller Kassensätze und fast 39% unterhalb der Honorare vergleichbarer Heilberufe. Sie eignen sich daher keinesfalls als Grundlage für die Berechnung eines angemessenen Privat-Honorars!

Wie Sie bereits sehen können, liegen die Beihilfe-Sätze für “Krankengymnastik” bei objektiver Betrachtung nicht nur erheblich unterhalb der Kassensätze sondern - bei gleicher Arbeitszeitleistung - fast 39 % unterhalb der Honorare für Ergotherapeuten und Logopäden! Sogar das Bundesministerium des Inneren gibt in seiner offiziellen Presseerklärung vom 07.02.2004 zu erkennen, dass die sog. Höchstbeträge der Beihilfesätze für Heilmittel (hierzu zählt auch die Physiotherapie) nicht kostendeckend sind. Sie werden also sicher verstehen, dass diese anerkanntermaßen nicht kostendeckenden Beihilfesätze unter keinen Umständen als angemessenes Honorar für unsere Leistungen herhalten können. Es ist daher zunächst erforderlich zu ermitteln, was nun eigentlich eine angemessene Behandlungszeit ist. Unter Heranziehung der internationalen physiotherapeutischen Erkenntnisse und anderer medizinischer Gründe, halten wir (und die meisten unserer Kollegen) durchschnittlich 30 Minuten für vernünftig. Nach unseren Erkenntnissen entspricht dies ebenfalls einer medizinisch-wirtschaftlich akzeptablen Behandlungszeit.

Wir multiplizieren daher zunächst den VdAK-Preis (der Bundesweit Gültigkeit hat und im Mittelfeld der Gebühren liegt) mit 30 Minuten. Dies ergibt, unterstellt man eine Behandlungsdauer von 20 Minuten, ein Honorar von EUR 20,77. Hiermit ist jedoch lediglich eine Angleichung an die Kassensätze erfolgt. Damit das angemessene Honorar für einen Privatpatienten ermittelt werden kann, wird in der Rechtsprechung mehrfach die Auffassung vertreten, dass Privatsätze bis zu 50 % über Kassensätzen liegen dürfen. Diese Berechnung weist ein Privathonorar von EUR 31,16 für die Position “Krankengymnastik” aus. Im Vergleich hierzu ist die bisherige Berechnung in Höhe des 2,3-fachen VdAK-Satzes (= EUR 31,85), wie sie in der Rechtsprechung anderer Gerichte befürwortet wird, nur geringfügig höher.

Würde man die gleiche Berechnung mit der im VdAK-Bereich tatsächlich nur vorgeschriebenen Behandlungsdauer von 15 Minuten vornehmen, ergäbe dies eine Anpassung auf EUR 27,70 für eine 30minütige Behandlungszeit, woraus sich ein Privathonorar in Höhe von EUR 41,54 errechnen würde. Für uns persönlich stellt dies jedoch nur eine sehr theoretische Berechnungsgrundlage dar, da wir die Meinung vertreten, dass sich mit einer Behandlungszeit von lediglich 15 Minuten keine zeitgemäße und effektive physiotherapeutische Behandlung nach aktuellem Stand der Medizin durchführen läßt!

Schlußfolgernd können wir also festhalten, dass Honorare für die Position “Krankengymnastik”, die sich unterhalb der Grenze von EUR 31,85 für 30 Minuten bewegen, als angemessen gelten können.

Warum sind die Honorare für Physiotherapeuten so viel niedriger, als die der Logopäden und Ergotherapeuten?
Um dies zu verstehen, muß man wissen, dass der größte Berufsverband der Physiotherapeuten, der Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK) e.V., jahrelang von Krankengymnastinnen dominiert wurde, die selbst entweder im Angestelltenverhältnis tätig waren, oder bestenfalls als Arztgattin in der Praxis des eigenen Ehemannes für eine Steigerung des selbstverordneten Familieneinkommens gesorgt haben. Diesen Damen war es sicherlich herzlich egal, wie hoch das Honorar für ihre selbständigen Kolleginnen und Kollegen ausfiel, zumal es hiervon seinerzeit höchstens eine handvoll gegeben hat.

Angesichts dieser Situation hatten die Krankenkassen leichtes Spiel, ihre schon damals lächerlichen Honorare für selbständige Krankengymnastinnen durchzusetzen. Seither hat sich an dieser Situation für die Physiotherapeuten nichts geändert, sieht man einmal von den regelmäßigen Tariferhöhungen ab, die in den letzten Jahren nicht einmal die Inflationsrate erreicht haben.

Im Gegensatz zu den Physiotherapeuten ist es den Ergotherapeuten und Logopäden offensichtlich besser gelungen, ihre angemessenen Gehaltsvorstellungen in den Verhandlungen mit den Krankenkassen durchzusetzen. Angesichts der geringen Zahl niedergelassener Therapeuten bewegt sich das Gesamtvolumen der entsprechenden Honoraraufwendungen allerdings in einer derart niedrigen Größenordnung, dass die Krankenkassen hier offensichtlich eher zu Zugeständnissen bereit waren.

Gibt es überhaupt überzogene Honorarforderungen?
Um es vorweg zu nehmen: In Unkenntnis der Rechtslage werden in der Regel von Physiotherapeuten eher viel zu geringe Honorare berechnet. Überzogene Honorarforderungen sind so gut wie unbekannt. Da wir Physiotherapeuten als Angehörige eines Heilberufes mit staatlich geregelter Ausbildung gegenüber unseren Patienten nicht als Wunderheiler auftreten, erheben wir auch nicht den Anspruch auf außergewöhnlich hohe Vergütung für die von uns erbrachten Leistungen. Solange sich das Honorar für eine physiotherapeutische Behandlung innerhalb der oben genannten Größenordnung bewegt, kann von einer angemessenen Höhe ausgegangen werden.
 
Trifft es zu, dass manche Therapeuten trotzdem nur den Beihilfesatz berechnen?
Ja. Einige Praxisbetreiberinnen beschränken sich deswegen auf den Beihilfesatz, weil sie es einfach leid sind, sich permanent für die Höhe ihrer Honorarforderungen rechtfertigen zu müssen, nachdem ihren Patienten die volle Kostenerstattung abgelehnt wurde. Andere Kolleginnen glauben, mehr Privatpatienten dazu bewegen zu können, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen, in dem sie eben hierfür den niedrigst möglichen Preis berechnen. Diese Kolleginnen gehen jedoch von der falschen Annahme aus, dass sich der Privatpatient seinen Behandler nach der Höhe des Honorars und nicht nach der fachlichen Qualifikation aussucht.

Um ihre Praxis unter diesen Gesichtspunkten dennoch rentabel führen zu können, machen viele dieser Kolleg innen Zugeständnisse an anderer Stelle. Vielfach drückt sich dies in äußerst knapp bemessenen Behandlungszeittakten aus, so dass in der gleichen Zeit eben mehr Patienten behandelt werden können, als in den “teuren” Praxen. Nicht wenige Praxen verzichten aus Kostengründen gleichfalls auf die Beschäftigung einer Sprechstundenhilfe, kostspielige Fortbildungsmaßnahmen oder eine zeitgemäße Praxisausstattung, um ihre Fixkosten niedrig zu halten. Manche Praxisbetreiberinnen nutzen auch die gegenwärtige Situation am Arbeitsmarkt aus und sparen am Gehalt ihrer Angestellten oder der Unterstützung von deren Weiterbildungsmaßnahmen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Praxen, die von Hausfrauen als Zweitverdiener im eigenen Haushalt, quasi im Hobbykeller betrieben werden. Diese Kolleginnen arbeiten in der Regel ohne Kassenzulassung, da sie selbst die Mindeststandards der gesetzlichen Krankenkassen nicht erfüllen. Die Betreiberinnen solcher Praxen müssen sich keine Gedanken über die Rentabilität ihrer Praxis machen, da sie so gut wie keine nennenswerten Fixkosten haben. Auch scheinen viele dieser Kolleginnen ihr Einkommen eher als Aufbesserung des Haushaltsgeldes denn als Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu begreifen. Nur so ist es zu erklären, dass gerade diese Kolleginnen sich in aller Regel bei ihren Honorarforderungen auf die Beihilfesätze beschränken. Als Maßstab für die Berechnung eines Angemessenen Behandlungshonorars können diese Kolleginnen natürlich nicht herangezogen werden.  

Die extremste Form “rationellen” Arbeitens wird dort betrieben, wo mehrere Patienten gleichzeitig innerhalb eines Termins normaler Länge zu größeren Gruppen zusammengefaßt werden. Diese fragwürdige Methodik, die schon allein das Wort “Behandlung” ad absurdum führt, ist aber äußerst selten.

Dass aus den o.g. Gründen teilweise erhebliche Unterschiede in Art und Umfang der Therapieleistungen zu beobachten sind, ist selbstverständlich. Da allerdings bei weniger effektiver Therapie insgesamt mehr Therapieeinheiten notwendig sein dürften, relativiert sich ein scheinbarer Preisvorteil möglicherweise bei der Betrachtung der Gesamtkosten, die bis zum Abschluß einer Behandlung anfallen dürften.

Warum erstatten manche Gesellschaften die Kosten für Heilmittel nicht in voller Höhe?.
Spätestens seit Ausstrahlung des ARD-Ratgebers “plusminus” Anfang Dezember 2003 wissen wir um den wahren Grund der schlechten Zahlungsmoral vieler Versicherungsgesellschaften. Dieser ist darin zu sehen, so der Tenor der ARD-Sendung, dass Rücklagen aus Beitragseinnahmen durch die Bosse der Versicherungsgesellschaften in großem Stil an der Börse regelrecht verspielt wurden. Die Kapitaldecke, die eigentlich der Sicherung der Leistungsversorgung der Versicherungsnehmer zu dienen hat, wurde der unersättlichen Profitgier der Aktionäre und verantwortlichen Entscheidungsträger geopfert. Nachdem die Karre also sprichwörtlich vor die Wand gefahren wurde, versuchen die Versicherungsgesellschaften nun mit allen Mitteln, den entstandenen Schaden auf die an dieser Situation unschuldigen Versicherten abzuwälzen. So werden Beitragserhöhungen unter Verweis auf angebliche Kostenexplosionen im Gesundheitswesen durchgeboxt und Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und Masseure, deren Honorarforderungen zuvor unbeanstandet blieben, als (wenngleich mit anderen Worten) Halsabschneider difamiert.

Die Versicherungsgesellschaften arbeiten primär gewinnorientiert, schließlich wollen die Aktionäre der Gesellschaft zufriedengestellt werden. Der Kunde ist König - solange er die Leistungen seiner Versicherungspolice so wenig wie möglich oder überhaupt nicht in Anspruch nimmt. Da anerkanntermaßen auch bei den privaten Krankenversicherern die Notwendigkeit zum sparen gegeben ist, versuchen diese das natürlich immer dort, wo keine eindeutigen vertraglichen Anspruchsgrundlagen für ihre Versicherten vorhanden sind. Dieses ist z.B. im Bereich der Heilberufe mangels verbindlicher Tarifsätze der Fall.

Natürlich vergessen auch einige Privatversicherte, dass sie u. U. in jungen Jahren aus Kostengründen eine Police ohne vollständigen Erstattungsanspruch abgeschlossen haben. Dies trifft besonders bei beihilfeberechtigten Patienten zu. Im Krankheitsfall könnte sich diese vermeintliche Einsparung jedoch schnell ins Gegenteil verkehren.

Von einzelnen Versicherungen wird gern die Bereitschaft signalisiert, Rechnungen bis zur Höhe des ortsüblichen Satzes voll zu übernehmen. Im gleichen Atemzug präsentieren diese Gesellschaften ihren Kunden den Beihilfesatz als ortsüblich. Dabei bleiben sie jedoch den Nachweis schuldig, wie sie diese “Ortsüblichkeit” ermittelt haben wollen. Tatsächlich liegt der durchschnittliche Honorarsatz für die Region unserer Praxis, dem Einzugsgebiet des Amtsgerichts Königstein, etwa beim 2,0-fachen VdAK-Satz. Das Argument der Versicherungsgesellschaft, dass die Beihilfesätze (diese entsprechen etwa dem 1,3-fachen VdAK-Satz) für unsere Region als ortsüblich zu betrachten sind, ist daher bei näherer Betrachtung nicht stichhaltig und auch juristisch nicht haltbar.

Beihilfe oder Nicht-Beihilfe:
Gibt es unterschiedliche Privatpatienten?
Im Prinzip nein. Es wird in der Praxis jedoch oft zwischen freiwillig privatversicherten Patienten und privatversicherten Angehörigen des öffentlichen Dienstes differenziert. Letztere haben einerseits Anspruch auf Leistungserstattung durch eine Beihilfestelle und andererseits die Möglichkeit, mittels einer zusätzlichen Privatversicherung das Risiko erhöhter Eigenanteile an ihren Gesundheitsaufwendungen abzudecken. Die von der Beihilfestelle erstatteten Beträge stellen also nur einen Teilbetrag der Summe dar, welcher Privatpatienten des öffentlichen Dienstes erstattet wird. Beamte ohne jegliche Zusatzversicherung müssen demnach mit nicht unerheblichen Eigenanteilen an ihren Behandlungskosten rechnen, wenn ihr Behandler nicht zu einem Verzicht auf einen großen Teil des ihm zustehenden Honorars bereit sein sollte. Mann unterstellt jedoch, dass diejenigen Beamten, welche keine zusätzliche Privatversicherung abgeschlossen haben, Rücklagen für entsprechende Fälle gebildet haben, da sie über mögliche Risiken ihrer Unterversicherung informiert sein dürften.

Das Risiko einer derartigen Eigenbeteiligung trägt der freiwillig privatversicherte Patient nicht, sofern er nicht bewußt eine Police mit sehr hoher Eigenbeteiligung abgeschlossen hat. Da ihm, im Vergleich zu einem Beamten mit vergleichbarem Einkommen, erheblich höhere Versicherungsbeiträge berechnet werden, darf er erforderlichenfalls auf eine volle Kostenerstattung für seine diesbezüglichen Aufwendungen im Rahmen angemessener Honorarforderungen vertrauen.

Wie bereits erwähnt, versuchen einige Versicherungsgesellschaften jedoch, ihren Kunden weiszumachen, dass es sich bei den Beihilfesätzen um rechtsverbindliche Sätze für eine Vollerstattung handeln würde, die uneingeschränkt gleichfalls auf den Kreis ihrer freiwillig privatversicherten Kundschaft anwendbar sei. Gleichzeitig versuchen die gleichen Versicherungsgesellschaften, Beamte zum Abschluß von Versicherungsverträgen zu gewinnen, mit denen diese den Anspruch auf Erstattung jenseits der Beihilfeleistungen erlangen sollen (was im Grunde auch nicht unvernünftig ist). Unter Verweis auf diese Doppelmoral wurden bereits Versicherer gerichtlich in ihre Schranken verwiesen und zur Auszahlung zu Unrecht einbehaltener Erstattungsanteile verurteilt.

 

 
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